Ökobilanz
Der Hype um Elektromobilität hat auch seine Schattenseiten. Wenn nur betrachtet wird, wie viel Treibhausgas während des Fahrens ausgestoßen wird, so schneiden Elektroautos im Vergleich gut ab. Doch für die gesamte Ökobilanz müssen noch weitere Aspekte hinzugezogen werden (WirtschaftsWoche). Die Herstellung der Elektrofahrzeuge ist für deren Ökobilanz ein großes Problem: Es werden hier mehr CO2-Emissionen ausgestoßen als bei einem nagelneuen Verbrenner. Grundsätzlich gleicht das E-Auto, sobald es auf den Straßen unterwegs ist, diesen CO2-Rucksack aber nach und nach aus (SWR3). Das liegt an der deutlich besseren Energieeffizienz, welche den höheren Energieaufwand bei der Fahrzeugherstellung ausgleicht. Wenn der Anteil der erneuerbaren Energien weiter steigt, wird dieser Vorteil noch weiter zunehmen (BMU, Wie umweltfreundlich sind Elektroautos?, 2021, S. 15 – 18). E-Autos können aber auch in naher Zukunft nicht komplett klimaneutral sein.
Problematisch ist auch der Ressourcenbedarf. Auf der einen Seite brauchen Elektrofahrzeuge mehr wertvolle Metalle und seltene Erden als konventionelle Fahrzeuge. Ein Beispiel sind Lithium, Nickel und Kobalt, die in großen Mengen vor allem für die Herstellung der Batterien von entscheidender Bedeutung sind. Ein wichtiger Rohstoff ist auch Kupfer für die Fahrzeugelektronik und Ladeinfrastruktur. Auf der anderen Seite spart die Elektromobilität im Vergleich zum Verbrenner wichtige Rohstoffe ein. Das Blei in der Starterbatterie findet genauso wenig Verwendung wie die Metalle und seltene Erden für den Katalysator (Öko-Institut e. V.).
Doch entzündet sich zurecht Kritik an den unmenschlichen und umweltzerstörenden Abbaubedingungen der benötigten Rohstoffe. Wie zum Beispiel bei Lithium, das meistens in Australien und in Südamerika gewonnen wird. Besonders in Südamerika benötigt der Abbau große Mengen an Wasser und gefährdet die ökologisch sensiblen Salzseen (BMU, Wie umweltfreundlich sind Elektroautos?, 2021, S. 15 – 18).
Das wichtige Metall Kobalt wird vor allem in der Demokratischen Republik Kongo unter teils lebensgefährlichen Arbeitsbedingungen abgebaut, teilweise mithilfe von Kinderarbeit. Daher sind Rohstoffe wie Lithium und Kobalt sozial und ethisch problematisch. Leider werden die Rohstoffe für die Herstellung von Verbrenner-Pkw ebenfalls unter ethisch fragwürdigen Bedingungen abgebaut.
Der in den Medien oftmals wiederholte Vorwurf, die benötigten Rohstoffe würden für Elektroautos in großen Mengen nicht ausreichen, ist nicht richtig. Studien belegen, dass alle benötigten Rohstoffe in genügend Mengen vorhanden sind, selbst wenn die Nachfrage der Fahrzeuge deutlich steigt (SWR3). Allerdings können für manche Rohstoffe kurzfristig Verknappungen oder Preissteigerungen auftreten (Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz).
Für die Rohstoffschonung spielt Recycling eine zentrale Rolle. Es gibt weltweit über eine Milliarde Autos und in jedem stecken große Mengen an wertvollen Rohstoffen. In den vergangenen Jahren wurden bereits Kobalt und Nickel aus Lithium-Ionen-Batterien recycelt . Das Recycling der Rohstoffe senkt nicht nur die ökologischen und sozialen Folgen in den Abbauländern, sondern reduziert auch die Emissionen (Öko-Institut e. V.).
Trotzdem ist klar, dass auch bei alternativen Antrieben jetzt schon an die Zukunft gedacht werden muss. Manche Trends zur Senkung des Rohstoffbedarfs machen daher Mut. So gibt es mittlerweile Batterien, die ganz ohne Kobalt auskommen und bei insgesamt geringerem Rohstoffeinsatz höhere Reichweiten ermöglichen (BMUV, Wie umweltfreundlich sind Elektroautos?, 2021, S. 15 – 18). Für den Klimaschutz ist es sinnvoll, ein altes Auto mit hohem Kraftstoffverbrauch durch ein Fahrzeug mit deutlich niedrigerem Verbrauch zu ersetzen, falls ein Auto unbedingt nötig sein sollte (VCD). Die Politik wiederum muss den Herstellern verbindliche Regeln zum Recycling und nachhaltigen Lieferketten vorgeben. Trotzdem sollte sich jede*r beim Kauf eines Fahrzeugs bewusst machen, welche Materialien für die Herstellung verwendet wurden und woher diese kommen. Jedes Auto mit Verbrennungsmotor durch ein E-Auto zu ersetzen, ist aufgrund der Ökobilanz keine nachhaltige Lösung. Die Elektromobilität kann eine sinnvolle Ergänzung in einem durchdachten Mobilitätskonzept sein. Allerdings gibt es immer umweltfreundlichere Alternativen zum Autofahren wie den ÖPNV, das Fahrrad oder kurze Strecken einfach mal zu Fuß zu gehen.